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Eine Madonnenstatue - Monumentale Ausgestaltung

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Eine Madonnenstatue - Monumentale Ausgestaltung

Maria Zinke (1901-1947)
2012, oil on canvas, 23×27 cm

Eine Madonnenstatue - Monumentale Ausgestaltung

Maria Zinke (1901-1947)


Eine Madonnenstatue - Monumentale Ausgestaltung

BIBLIOGRAPHIES

 

 

Eine Madonnenstatue im Städtischen Museum zu Braunschweig (Teil 1)

Felix Witting
Eine Madonnenstatue im Städtischen Museum zu Braunschweig (Teil 2)*

Der Wandel der Besitzungen der Klöster am Ausgang des 15. Jahrhunderts[52] läßt erkennen, in welchem Grade der Sinn nach sensuellem Erleben sich erweitert hatte. Hand in Hand damit geht ein Erkenntnisdrang, wie er analog auf dem Gebiet der bildenden Künste zu beobachten ist. Bestimmungen der Universität zu Ingolstadt vom Jahre 1472 zeigen) wie streng hier schon der Begriff der Erforschung des menschlichen Körpers gefaßt war.[53] Hier waren Wege angegeben, auf denen man seit 1520 etwa zu engerem Anschluß an das Vorbild der antiken Kunst gelangen konnte. Bedeutete die Renaissance im Ganzen einen Abstieg von den transzendentalen Höhen des Mittelalters zu sinnfälliger Darstellung auf dem Boden christlicher Weltanschauung, so lag den Künstlern derselben ob, im Verfolg der typischen Formengebung seelischer Vorgänge in der gotischen Epoche unter Beobachtung natürlicherer Wiedergabe der Erscheinungen das Wesen der Künste zu vertiefen und zu erweitern. Die Bevorzugung malerischer Darstellung der Dinget die in der Kunst Braunschweigs auf dem Gebiete der Architektur selbst sich so ausgesprochen zeigte, konnte im Bereich der bezeichneten kirchlichen Schöpfungen sich ungescheut ergehen, so daß sich gar ein Uebergewicht malerischer Anschauung ergeben durfte, im Unterschied zu Lübeck etwa oder des architektonisch schaffenden Gebietes der Preußischen Ordenslande, wo die Marienburg und die Bauten in Marienwerder den andersgearteten Charakter offenbarten, so daß noch später der Kardinal von Brandenburg Albrecht in sächsischem Bereich künstlerische Hilfe suchte,[54] und Cranachs Teilnahme in Torgau nötig wurde. Das Hineinmischen slavischer Auffassung bis weit in die sächsischen Gebiete hinein, wo die zentralen Dorfanlagen sichtbare Zeichen des östlichen Einflusses waren, gewann dafür stellenweises Uebergewicht über die Konzeptionen der Kunst, wie etwa der Kirche zu S. Petri in Braunschweig, wo die Neigung zu zentralistischer Bildung als Merkmal slavischen Geistes anzusehen wäre. Daneben erstarkte der Wille zu eigener Gestaltungskraft im persönlichen Sinne, am Schluß des 15. Jahrhunderts zu erneutem Anlauf auf die Gewinnung erzählerischer Werte hin, wie sie die verwandte Richtung um 1430 noch zu überbieten suchte. Die Urkunden melden eineerhöhte Teilnahme am Meßdienst und seiner bewegten Ausgestaltung mit allen Mitteln der Kunst, die sieh bis in die Regelung der Mahlzeiten der Pfarrer erstreckte.[55] Der Übergang vorn reinen Holzbau zum Fachwerkbau, der durch eine Inschrift vom Jahre 1466 bezeugt ist, stellt den Fortschritt zu genußreicherem Dasein und freierer Entfaltung des Lebens dar, der seine Konsequenzen in den Nachbarkünsten haben mußte.[56] Dem einmal gegebenen Antrieb folgten eine Reihe namhafter- Beispiele in der AItenwick und dem Hagen, denen die Baukunst in Hildesheim sich bis zu dem stattlichen Wedekindhause anschloß, mit dem Versuch der Aufnahme monumentaler Gesetze der Komposition, wie risalitartigen Seitenteilen. Hier zeigte sich das gotische Prinzip der struktiven und füllenden Glieder des Baus übertragen auf die horizontalere Anlage des Wohnhauses, der Wechsel von Körper und Raum, der in der Malerei sich als kräftige Farbenwerte neben raumöffnenden Teilen herausstellte. Aufnahme von giebelförmigen Zwischengliedern, von tiefheraufholenden Konsolen der gegeneinander in der Lichtund Schattenwirkung abgesetzten Stockwerke brachten in den Aufbau jene motorisch reizvolle Ausgestaltung, wie sie auf dem Gebiet der Körperdarstellung im Ausdruck bewegter Verbindungen der Teile gesucht wurde, auch hier schon unter Zuhilfenahme polychromer Abstufung der Komplexe im Sinne einer harmonischen Deutlichkeit oder ausgleichenden Zusammenhangs, die dann bei Peter Flettner zur Ausbildung einer rhythmischen Doppeltravee mit Pilastern und Statuennischen führten[57] und in der Marienkirche zu Wolfenbüttel zu schnellem Übergang in die antike Formenwelt drängen,[58] Zeichen einer Neuerkenntnis des menschlichen Selbstbewußtseins, das sich auch in den zahlreichen hervortretenden Namen der Geschlechter in Braunschweig, wie Ludeke van Vendessem (1408 und 1484) Hinricus van Scheninghe (1412), Hermans van Vechtelde (1439), Ghereke Pawel (1462), Gerwin von Hameln, Dedeleve (1495) neben den schon genannten von Remmlingen und von Detten (1409), dem Bürgermeisters Hennig von Kalm (1448) manifestiert. Der Ausbau des Schlosses in Wolfenbüttel, das 1427 aus dem mittelalterlichen Zustand herausgehoben worden war, unter Herzog Heinrich d. Aelt. und d. Jüng. bis zur Errichtung der Kapelle und des Hauptturms nach spanischem Vorbild unter Heinrich Julius nach 1546 bezeichnet der Vorantritt auf allen diesen Gebieten der Erhöhung menschlichen Behagens im Ausdruck künstlerischer Faktoren. Da bekommt auch ein Ausblick nach dem zugehörigen Lüneburg seinen besonderen Sinn, wo die breite Hauptstraße mit der Stadtkirche fast in der Achse derselben die Gesinnung der heraufgekommenen Zeit getreu widerspiegelt; flankiert von Ziegelbauten in behäbigem Stil, mit einem an Schiffstaue gemahnenden Dekor um Tür und Fenster ausgezeichnet, bezeichnet sie den Ausbau einer Anschallungsform von perspektivischer Bedeutung.[59] Der bereits berührte Zusammenhang mit dem monumentaleren Lübeck erweitert dann diese Bestrebungen zu großartigerer Ausgestaltung in plastisch-räumlichem Sinne, unter Hereinziehung rein koloristischer Momente, wie sie die durchbrochene Blendmauer des Rathauses bedeuten, oder die Farbe des Baumaterials an die Hand gibt. So bewähren sich die pyramidenartigen Aufsätze an der Front des Siechenhauses als besondere Wahrzeichen der Fürsorge der Stadt,[60] bis in dem arabeskenartigen, auf reiche Beziehungen hinweisenden Bandund Rollwerk der antikisierenden Renaissance sich Weitere Fort- schritte ermöglichen. In dem benachbarten Hamburg melden sich dann bereits lagunenartige Bildungen der Fleets, wie sie auch nach innen zu auf Flußlaufgestaltung, wie in Erfurt oder auch dem damals mit Kanälen durchzogenen Braunschweig, zurückwirken.[61] Solche Ausnutzung des Herstellungsstoffs in den Ziegelarchitekturen der östlichen Gebiete der Ordenslande unter Verwendung mehrfarbiger Steinlagen, wie sie an der Marktkirche zu Hannover noch zu treffen sind, begünstigt dann die Malerei im eigenen Sinne, zur Ausbildung einer bestimmten farbigen Rechnung im Bild, die, vom natürlichen Vorbild noch abstrahierend, auf die Gewinnung einer konventionellen Harmonie im Bilde ausgeht, wie sie mit solchen architektonischen Bestrebungen und noch mehr der polychromen Plastik und Bildschnitzerei in Einklang steht, ohne auf den Vergleich mit der Wirklichkeit Wert zu legen. Wo sich schon im Laufe des 16. Jahrhunderts das Motiv der Altanarkaden an Rathäusern, wie denen zu Leipzig und Bremen, beobachten läßt, kann die Aushöhlung des Untergeschosses am Rathaus zu Münster in Westfalen oder das gleiche Motiv am Stadthaus zu Mecheln als bewußte Vorstufen besonderer Tendenzen betrachtet werden, das dem Eindringen von Licht und Luft in den Organismus des Bildinhaltes wesentlichen Vorschub leistet, wie es in dem S. Annenaltar an S. Martin zu Braunschweig, bis zur Verwechslung mit holländischem Geiste, sich bemerkbar macht; obwohl der ruhigere Ton der Wiedergabe dieser Dinge im Vergleich zu dem vaporosern Medium der westlichen Gebiete deutlich den Unterschied kennzeichnet. Nimmt man den Ausgang hier von dem Gastmahl des Pharisäers Dirck Bouts in der Sammlung Thieme zu San Remo, wo der Künstler am ausgesprochensten sich auf die Mittel von Licht- und SchattendarsteIlung allein verläßt,[62] so gewinnt die pleinairistische Versinnbildlichung auf dem Diptychon des H. Museums zu Braunschweig vornehmlich an Kraft anders gearteter Gesinnung, als Versuch einer Wiedergabe von Eindrücken differenter Art, die im ruhigen Aether der norddeutschen Ebene eher sich einstellen, als in den maritimen Gegenden der Heimat Dirck Bouts'. Solcher Vergleich der Äußerungen liegt um so näher, als in der zentralistischen Kapelle an der hl. Kreuzkirche in Augsburg aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts eine Verbindung mit der Anlage der Kapelle der hl. Anna in Braunschweig zu beobachten ist, in fortschrittlicher Ausbildung isolierender Absichten, wie sie im Kleinen das halb bauliche, halb tektonische Gebilde des hl. Grabes in S. Pancrazio zu Florenz von Leone Battisti AIberti aus dem Jahre 1467 halte erkennen lassen.

Der Übergang zu einer bereits abweichenden koloristischen Rechnung, zum Zweck mehr motorischer Anregung im Bilde, den die Jahrzehnte seit 1480 erkennen lassen, unter Benutzung mehr isolierender Werte von Einzelschönheit,[63] vollzieht sich dann allmählich auf der Grundlage der gekennzeichneten Bestrebungen, zunächst noch unter Festhalten an flimmernder Darstellung der Dinge. Hier erhält wohl der ehemalige Altar der Kapelle der hl. Elisabeth an St. Katharinen zu Braun schweig seine Bedeutung, dessen exzeptionelle Stellung durch die Nachricht gekennzeichnet wird, daß der Pfarrer derselben keinen Dienst im Chor der Hauptkirche zu leisten hatte.[64] Das dazu gehörige Altarwerk, an das sich die Erwähnung der Kapelle im Jahre 1479 zu knüpfen hat,[65] stellte jedenfalls als Werk eines Übergangsmeisters, von der Mitte des 15. Jahrhunderts zur Hochrenaissance hin, den Wert solchen Vorangangs auf künstlerischem Gebiet dar, wie er für Weiteres zu supponieren ist. Wiesen wir schon auf die Darstellung der genannten Heiligen auf dem Altarwerk Holbeins d. Aelt. in der Alten Pinakothek zu München hin,[66] so ergeben sich damit auch Hinweise auf die künstlerische Fassung des Braunschweiger Werks, wenn auch die weichere Art des Augsburger Künstlers hier noch in herberer Weise und kräftigerem Kolorit den niedersächsischen Stil unterscheidbar machte. Da verlohnt sich dennoch ein Hinweis auf einen Lukas van Leyden zugewiesenen Holzschnitt, der die Herzogin von Geldern, Elisabeth von Braunschweig, wiedergibt und jene der Renaissance eigene Verbindung von Bildnis und Zügen der heiligen Gestalten aufweist, wie sie umgekehrt auf dem Elisabethaltar von 1479 zum Ausdruck gekommen sein mochte.[67] Zu dem plastischen Schmuck der St. Annakapelle an S. Martin liegt in dem Altarwerk der Kapelle der hl. Elisabeth jedenfalls eine Parallele stilistischer Art vor, wenn auch malerische Darstellungsweise hier vorauszusetzen bleibt. Es bezeichnet auch inhaltlich einen Übergang zur Wiedergabe von Handlungen im Bilde, wo die Mildtätigkeit der Titelheiligen auch in dem Münchener Werk Holbeins d. Aelt. bereits zum Ausdruck gelangt war. Da bietet sich ungehindert ein Rückblick auf den Altar der hl. Cäcilie in S. Martin vom Jahre 1412 schon an, in dem solche Versinnbildlichung der Aktion sich leise angekündigt haben mochte, noch ehe in der Eroberung realistischerer Beobachtung der Naturerscheinungen weiterreichende Mittel gewonnen waren. Was im Bereich italienischer Kunst die Auffassung Fiorenzo di Lorenzos oder Raffaelino deI Garbos besonders auf koloristischem Gebiet bezeichnete, darf in dem Braunschweiger Altar des Jahres 1479 analog vorausgesetzt werden. Der Erfolg der demokratischen Elemente im Aufstand von 1490, der sich zwei Jahre später in der rechtlichen Stellung der »borgers sönen« so deutlich zeigt,[68] läßt auf eine entsprechende Zunahme naturalistischer Wiedergabe der Körperbildung schließen, im Übergang zu reicherer Komplikation der Achsen und der Beziehungen der Gestalten im Austausch der Geschehnisse. Beobachten wir im ausgebildeten Cinquecento noch in dem Altarwerk Tizians in S. Giovanni Elemosinario zu Venedig von 1533 ein solches fast rückständiges Eingehen auf die Kunst des 15. Jahrhunderts im Ausdruck der Darstellung von Liebestätigkeiten an deformierten Arme, so bedeutet das einen Zuwachs an Erkenntnis in gleichem Sinne. Wenn wir in der Beschreibung dieses Bildes lesen, daß der Bischof, dem ein kreuztragender Knabe zur Seite steht, bei dem Lesen der heiligen Schrift durch einen Krüppel unterbrochen wird, der, von Lumpen bedeckt, herangekrochen ist und eine Gabe heischt,[69] so lautet das fast wie eine Übersetzung aus drastischem Bereich der Kunst, wie es in der sächsischen Malerei des 15. Jahrhunderts gilt. Von solch frommem Ausdruck christlicher Mildtätigkeit gleitet das forschende Interesse unwillkürlich zu dem künstlerischen Schmuck der Kapelle des Hospitals Beatae Mariae Virginis hinüber, wo seit 1392 der Altar des hl. Bernward seine Aufstellung erhalten hatte und eine Neuerwähnung desselben zu a. 1482 auf weitere Bereicherung schließen läßt,[70] als habe der Altar der Kapelle an S. Katharinen seine Wirkung nach hier erstreckt, wo die exempte Stellung des amtierenden Pfarrers derselben doppelt auf solches hinführen mochte.

Auf der Grundlage solcher Beobachtungen erhält auch die Stiftung eines Altars in der Kathedrale zu Halberstadt durch den Kanonikus von S. Blasien zu Braunschweig, Domprobst Ludolf Quirre, im Jahre 1456 seine erhöhte Bedeutung. Wenn das Wappen des Stifters an der letzten Säule des Mittelschiffs, vor dem Chor nach Süden hin, den damaligen Platz des Altars anzeigt, so läßt das auf eine entsprechende Ausgestaltung dieses selbst schließen, wohl gar nach Art eines aediculamäßigen Abschlusses desselben.[71] Ludolf Quirre war Kanonikus von S. Blasien in Braunschweig seit 1422, 1424 und 1440 Pleban in S. Andreas ebenda, später Archidiakonus von Stöckheim. Als doctor decretorum gewann er 1420 die Domherrenstelle in Halberstadt, wo er von 1453-63 Domprobst war; er starb 1463. Sein Wappen zeigt überkreuz gestellt je zwei Adler und Dornenkronen und gleicht einem in der Kathedrale zu Braunschweig angebrachten aus dem Jahre 1469.[72] Weist der Bruder Quirres, Hermann, nach Hannover, wo derselbe 1453 als Bürger aufgeführt ist, so zeigen die Verbindung des Sohnes des letztern, Ludolf d. J., mit der Tochter des Bürgermeisters Hennig von Calm und die Verschreibung eines Hofs nahe der Burg Dankwarderode durch seinen Oheim die bedeutende Stellung der Familie, Wie sie als Anhalt für die Altarstiftung in der Kathedrale zu Halberstadt zu dienen hat.[73] Gewinnen wir so eine tiefere Einsicht in die Vorbedingungen der künstlerischen Entfaltung seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, so kommt von anderer Seite unserer sinnlich sichtbaren Vorstellung derselben ein Altarwerk zu Hilfe, dessen Bedeutung uns maßgebend sein muß, bis weiteres sich ergeben haben wird, wo der Befund der Denkmäler in abweichende Richtung zu führen scheint. Zeigt doch der verschwenderische Verkauf von Waldungen unter dem Abt des Klosters Königslutter Baldewinus,[74] wohin der materielle Geist der Zeit strebte, ebenso die Ernennung des obersten Stadtschreibers in Hildesheim zum Bürgermeister im Jahre 1443.[75] Von Ausdehnung der Interessen zeugt auch die Nachricht, daß Ludolf de Borchtorpe aus Braunschweig in Padua 1465 als Doctor medicinae weilte, nach Ausweis seiner Eintragung in die libri XV des Euclid, der Werke des Theodosius Myleus vel Campanus de speris (sic!). Hier treffen wir auf die Interessen optischer Wissenschaft, wie wir sie aus den Werken der Malerei ersehen konnten, als Beweis ernstgemeinter Studien. Im Jahre 1483 erscheint sogar in Toulouse ein Braunschweiger Konrad Bosse, der in Paris magister artium geworden war, und zeigt verwandte Ausbreitung der Bestrebungen, wie wir sie auf dem Gebiete der Kunst zu erkennen glaubten.[76] Die Widmung eines Buches an die Kapelle des hl. Autor durch den Rektor des Martineums, Berthold Sprancke, im Jahre 1484[77] lenkt die Aufmerksamkeit zurück auf das Heiligtum des Schutzheiligen der Stadt, dessen Altar seit 1386 genannt, eine entsprechende künstlerische Ausgestaltung bedeutender Art besessen haben dürfte.[78] Nach den Fundationsurkunden besaß diese Kapelle sogar mehrere Altäre,[79] unter denen 1358 ein altare sanctae Margaretae namhaft gemacht wird.[80] Eine Wiedererwähnung des Altars der Autorkapelle im Jahre 1408 läßt vielleicht auf eine Stiftung künstlerischen Schmucks im Zusammenhang mit den zahlreichen Altären des ersten Dezenniums des 15. Jahrhunderts schließen.[81] Dann wäre der Altar der hl. Margarete von 1358 einer der ersten Zeugen der kommenden Entwicklung, zeitlich benachbart von dem Altar des Johannes Baptista in S. Katharinen, als dessen Priester der Pfarrer der Kirche, Johannes de Verdingessen, den Bernard StelIemakere anerkennt, während er selbst vielleicht der Stifter des Altares war.[82] Von Bedeutung bleibt es jedenfalls, daß die Erwähnung der Kapelle des hl. Autor im Jahre 1386 mit der Ernennung des demokratischen Rats neuer Ordnung zusammenfallt, als habe es sich um ein äußeres Dokument solch einschneidender Wandlungen gehandelt. Hier spiegelt sich die ganze Mannigfaltigkeit der neuen Aufgaben der Kunst wieder, der sich auch kleinere Kirchen, wie S. Magni, wo ein lên des Ghereke Pawel von 1472 auf Ausschmückung in besonderem Sinne schließen läßt,[83] im Gefolge anreihen. Fügen wir noch hinzu, daß bis zur Auseinandersetzung des Rates der Stadt im Jahre 1506 der Besitz von Häusern durch die jüdische Bevölkerung verbürgt ist, so ergibt sich damit ein Zuwachs kultureller Elemente im eigenen Bereich, der auch für die Ausübung der Kunst nicht ohne Belang war, so lange es galt, den heiligen Geschehnissen eine anschauliche Form zu geben.[84]

Das Aufgreifen der stofflichen Substrate, wie es die theoretischen Werke Leone Battista Albertis so dringlich schon lehren, ward unter solchen Bedingungen besonders zum Anliegen der Künstler, wo die Erfindung der van Eycks, im Gegensatz zu dem an mühsamer Temperatechnik festhaltenden Cennino Cennini, auf flüssigere und leichter vermittelnde Mittel lenkte. Wenn 1467 in Rom durch Pannarz und Schweinheim die erste Buchdruckerei gegründet ward, der sich Giovan Andrea de' Bassi, Bischof von Aleria, als wissenschaftlicher Leiter gesellt, so erhellt damit an besonderer Stelle der Wert der nordischen Kultur in ihrem Verhältnis zu Italien, wo Vasari die Erfindung Gutenbergs an die Seite der theoretischen Spekulationen Albertis noch stellte.[85] An bedeutenderer Stelle als Leiter des Dombaus in Mailand vertreten Hans von Freiburg, Heinrich von Gmund, Ulrich von Füssingen dieselbe; um 1500 noch der Meister der Hallenanlage von Sa. Maria delI' Anima in Rom, deren Vollendung 1519 erfolgte, und die die Traditionen der Kathedrale in Pienza noch bestimmter aufnahm, nach dem Vorangang von S. Lorenzo in Perugia, mit gleicher Höhe aller Schiffe und octogonalen Pfeilern,[86] in Zusammenhang mit der Reise Papst Pius' II. nach Deutschland im Jahre 1435.[87]

* Felix Witting; Cort Borgentryk – Der Meister des Braunschweiger Dombildes, Studien zur Deutschen Kunstgeschichte, 214. Heft., Strassburg, J. H. Ed. Heitz, 1921, S. 45-56.


[52] Rustenbach a, a. O. S. 55.
[53] Prantl, Geschichte der Ludwig-Maximilians- Universität in München, 1872; Hofmeister a. a.. O. S. 113.
[54] G. von Térey, Kardinal Albrecht von Brandenburg und das Hallische Heiligtumsbuch von 1520, 1892; Hofmann, die Kunst am Hofe der Markgrafen von Brandenburg, 1901 (Straßb. Studien z. deutschen Kunstgeschichte H. 32).
[55] Heepe a. a. O.
[56] Die Inschrift an dem Hause in Braunschweig, Schützenstraße 14/15, lautet: Anno dom. MCCCCLXVI in vigilia sancti Johannis Baptiste completa est Domus ista. - Besondere monumentale Ausgestaltung des Fachwerkbaus in Königsberg i. Pr. Auch das alte Rathaus in Kassel wäre hier zu nennen. - Im Moselgebiet tritt der Fachwerkbau erst 1549 auf, in wesentlich aesthetischer Ausbildung.
[57] A. Haupt, Peter Flettner, der erste Meister des Otto-Heinrichs-Hauses zu Heidelberg, 1904 (Leipz. Kunstg. Monographien 1).
[58] Spiess, Geschichte der Marienkirche zu Wolfenbüttel in Quellen u. Forschungen zur Braunschweiger Geschichte, hrsg vom Hist. Verein für das Herzogtum Braunschweig, VII (1914).
[59] Verwandte Disposition zeigt die S. Johanneskirche in Einbeck.
[60] Vgl. dazu das Torgebäude des Schlosses Cleve.
[61] Auch die Anlagen in der Au bei München zeigen Ähnliches.
[62] vgI. Klassischer Bilderschatz, hrsg. von A. Bayersdorfer und F. von Reber.
[63] Das auf Säulen ruhende gewölbte Kellergeschoß eines Hauses aus dem Jahre 1472 in Braunschweig (s. H. Meier u. Kämpe a. a. O. S. 123) zeigt bereits den Fortschritt zur solideren Konstruktion der Teile.
[64] Heepe a. a. O. S. 66 Anm. 3 nach dem Copeienbuch von S. Katherinen, 238, zum Jahre 1479.
[65] vgl. auch Heepe a. a. O. S. 22. S.
[66] Glaser, Hans Holbein der Aelt., 1908 (Leipz. Kunstgeschichtl. Monographien XI).
[67] Ein Exemplar dieses Holzschnittes i. Herzogl. Museum zu Gotha : vgl. Böhmer, Elisabeth von Braunschweig, 1915 i. Braunschweig. Magazin, hrsg. von P. Zimmermann, XXI (1915), N. 10, S. 120.
[68] Heepe a. a. O. S. 19, .Anm. 5. n. Cop, Buch von S. Magni zu diesem Jahr: borgerssönen die hyr in der Otdenwick echt unde recht geboren syn.
[69] Gronau, Tizian, 1900 (i. Geisteshelden 36), S. 105 ff.
[70] Erwähnung im Copeienbuch des Hospitales f. 346 z. diesem Jahr, vgI. Heepe a. a. O. S. 66. - Die Stadt besaß außerdem noch drei Hospitäler, St. Thomae, St. Jodoci und St. Elisabeth (a. a. O. S. 2, Anm. 1).
[71] vgI. H. Meier und Kämpe a. a. O.
[72] im nördlichen Schiff der Kirche.
[73] Der Kanonikus Ludolf Quirre beschaffte auch hauptsächlich die Mittel zu dem Erweiterungsbau des Nordschiffes von S. Blasien, das 1469 vollendet wurde; darauf bezieht sich das erwähnte Wappen; vgi. Rethmeier, Beylagen d. Antiquitates ecclesiasticae incIytae urbis Brunsvigae, 1707.
[74] A. Lüders in Braunschw. Magazin, XX (1914), N. 11, S. 130; Baldewinus war 1460 bis 72 Abt.
[75] Arnecke, Die Hildesheimer Stadtschreiber bis zu den ersten Anfängen des Syndikats und Sekretariats 1217-1443, 1913.
[76] P. Lehmann, Neue Beiträge z. Schul- u. Gelehrtengeschichte Braunschweigs i. Braunschw. Magazin, XIX (1913), N. 8, S. 89.
[77] a. a. O. S. 88.
[78] Heepe, a. a. O. S. 41, 66.
[79] a. a. O. S. 41, Anm. 4.
[80] in capella beati Auctoris extra valvam Slavorum; a. a. O. S. 10, Anm. 1.
[81] a. a. O. S. 41, 66.
[82] a. a. O. S. 10. Anm. 3.
[83] Heepe a. a. O. S. 12 u. passim.
[84] s. Ballin i. Braunschw. Magazin, XXI (1915), N. 8, S. 92; die Erwähnung geschieht in den Jahren 1402, 1408, 1417 u. 1442. Dazu kommt die Synagoge in Worms in Betracht.
[85] vgI. Janitschek a. a. O. S. 237, 245 ff.
[86] Als Deutschen bezeichnet auch schon Vasari den Erbauer von S. Francesco in Assisi, Meister Jakob, dem wohl nur die Unterkirche, nicht einmal mit doppeltem Transept zufällt.
[87] Aus der Hand Kaiser Friedrich III empfing derselbe Papst 1442 von Frankfurt a. M. aus den Kranz des poëta laureatus (s. P. Zimmermann, Dichterkrönungen auf der Universität Helmstedt, i. Braunschw. Magazin, XX (1914), N. 12, S. 133 ff.