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Architekturzeichnung - Perspektivische Ansicht

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Architekturzeichnung - Perspektivische Ansicht

Edith Ganster (1948-2011)
2012, oil on canvas, 24×25 cm

Architekturzeichnung - Perspektivische Ansicht

Edith Ganster (1948-2011)


Architekturzeichnung - Perspektivische Ansicht

BIBLIOGRAPHIES

 

 

Zu Zeichnungen französischer Architekten um 1700 (Teil 1)

Katharina Krause
Zu Zeichnungen französischer Architekten um 1700 (Teil 2)*

Sie begnügten sich daher mit den kurzen Äußerungen zweier Autoritäten: Vitruv und Alberti. Vitruv fordert in der Planung drei Zeichnungen: den Grundriß, den orthogonal projizierten Aufriß und die perspektivische Ansicht, die er Ichnographia, Orthographia und Scenographia nennt.[25] Alberti grenzt die Zeichnung des Architekten durch ihre größere Rationalität von der des Malers ab. Der Architekt brauche in der Zeichnung keine Schatten und keine Perspektive, da das Relief des Baus im Grundriß korrekt wiedergegeben werde. In den unterschiedlichen Auffassungen Vitruvs und Albertis ist der Zwiespalt angelegt, der die Architekturzeichnung in Frankreich bestimmen wird. Alberti setzt sich für eine Methode ein, die auf der Wissenschaft von der Geometrie beruht und demnach die Maßverhältnisse eines Baus eindeutig darstellt.[26] Er fordert damit eine Zeichnung, die von der Realität des (künftigen) Baus stärker abstrahiert, als es die perspektivische Ansicht oder gar die Vedute vermögen. Vitruv dagegen läßt das Schaubild zu.[27] Beide Autoren äußern sich nicht über die graphischen Techniken. Indes scheint Alberti in seinem Beharren auf dem Liniengefüge und der Ablehnung der Schatten den Pinsel für die Wiedergabe von Architektur auszuschließen.

Die französischen Architekten des 16. Jahrhunderts verwendeten für Projektzeichnungen in vielen Fällen die Feder. Die Begründung für diese Praxis des Entwerfens gibt Philibert de L'Orme, der Albertis »De architectura« kannte, in seinem Traktat von 1567. De L'Orme bemüht sich, in den einleitenden Kapiteln des Buchs den Beruf des Architekten zu definieren und gegen mögliche Konkurrenten zu verteidigen. Dabei sieht er die größtmögliche Sorgfalt in allen Stadien der Planung als wichtige Aufgabe und vordringliche Pflicht, die den qualifizierten und gelehrten Architekten über den reinen Praktiker, den Maître-Maçon, erhebt. Aus der Praxis dagegen kommt seine Forderung nach dem korrekten, d. h. orthogonalen Entwurf, mit der er sich gegen andere gefährliche Konkurrenten, die Maler, wehrt. De L'Orme ärgert sich besonders über die Komplizenschaft von Bauunternehmern und Malern, die beide vom Planen nichts verstünden, aber häufig in diesem Bereich zusammenarbeiteten: »Tous les jours se voyent plusieurs donneurs de portraicts et faiseurs de desseins, dont la pluspart n'en sçauroient bien trasser ou descrire aucun, si ce n'est par l'ayde et moyen des peintres, qui les sçavent plustost bien farder, laver, ombrager, et colorer, que bien faire et ordonner avecque toutes leurs mesures. Ie dy asséurement que tüus Architectes et maistre Maçons faisants ainsi, sont comme perroquets; car ils sçavent bien parler, mais ils ne cognoissent ce qu'ils disent, ny moins la fin de ce qu'ils prornettent, qui est de bien faire ... Bref ils patelinent si bien que leursdits tant beaux portraicts et desseins, servent de filets à prendre ceux qui sont trop credules et eschauffez de faire bastir sans y rien cognoistre«.[28]

François Mansart: Berny, Entwurf (Paris, Archives nationales).

5. François Mansart: Berny, Entwurf (Paris, Archives nationales)

Am Schluß wird klar, welche Aufgabe, die Vitruv und Alberti vornehm verschweigen, der Architekturzeichnung u. a. zukam. Mit dem Entwurf warb der Architekt um den Auftrag; und de L'Orme hatte wohl nur zu gut erfahren, daß dies mit einer kolorierten, perspektivischen Ansicht leichter fiel als mit einem orthogonalen, korrekt proportionierten, in Feder ausgeführten Riß, dessen größerer Abstraktionsgrad die Lektüre durch den in der Baukunst unerfahrenen Auftraggeber erschwerte.

Angesichts dieser Konkurrenzsituation im Bauwesen ist es erstaunlich, daß sich der orthogonale Riß in Federzeichnung zunächst durchsetzte und sich als ein möglicher Standard des Präsentationsentwurfs mit Pierre Bullet bis in das frühe 18. Jahrhundert hielt. Dies erklärt sich vielleicht aus dem Selbstbewußtsein der Architekten, die in der geometrisch korrekt abbildenden Zeichnung ihr wichtigstes Mittel zur Darstellung von Architektur sahen. Zudem bewährte sich diese Art des Zeichnens in der Baupraxis. Besonders wenn die Projektierung und die Ausführung nicht in einer Hand lagen, d. h. die Architekten das Bauen selbst den Maîtres-Maçons überließen, war Exaktheit und Eindeutigkeit der Pläne angebracht.[29] Neben der Federzeichnung blieb das »Schattieren, Lavieren und Kolorieren«, das de L'Orme so vehement ablehnte, bei den Architekten durchaus in Gebrauch. Beispiele finden sich zunächst vor allem in Aufnahmen bestehender Bauten, moderner und antiker, oder in Idealentwürfen. Es kennzeichnet das Verhältnis der Architekten zu ihrem Publikum, daß die Technik der Lavierung oder bunten Aquarellierung im 16. und 17. Jahrhundert meistens auf perspektivische Ansichten angewandt wurde, die von vornherein größere Anschaulichkeit zu garantieren schienen. Ein charakteristischer Fall ist Jacques Androuet du Cerceau, der seine Aufnahmen nach antiken Bauten und seine Projekte für Werbezwecke auf Pergamentblättern in sorgsam lavierten Ansichten zusammenstellte.[30]

Derselbe Typus der Bauzeichnung wurde jedoch auch für Präsentationsrisse und als Grundlage von Bauverträgen benutzt. Zu einem Frühwerk von François Mansart, dem 1623/24 errichteten Schloß Berny, hat sich als Bestandteil des Vertrags mit der Bauherrin eine großformatige (69 x 121 cm) perspektivische Ansicht aus der Vogelschau erhalten (Abb. 5). Mansart hat seinen Entwurf nach Vitruvs Terminologie korrekt als »Scenographie« betitelt. Das Blatt ist sorgfältig laviert, die Dächer des Schlosses sind graublau aquarelliert, Zierat ist in Goldtinte ausgeführt.[31] Diese Darstellung von Schloß Berny war sehr geeignet, durch ihre Plastizität und Präzision in den Details der Auftraggeberin ihren künftigen Besitz präsent zu machen und sie von den Fähigkeiten des jungen Architekten zu überzeugen. François Mansart zog in späteren Jahren den orthogonal projizierten Riß in Federzeichnung vor.[32] In den Bâtiments du Roi setzte sich während der Amtszeit Louis Le Vaus als Premier Architecte und mit Beginn der großen Bauunternehmungen Ludwigs XIV. im Gegensatz zu den Bureaus unabhängiger Architekten die lavierte farbige Zeichnung als Standard des Präsentationsrisses durch. Le Vau hatte sich von 1659 an bemüht, in den sorgfältig lavierten Rissen zum College des Quatre Nations den Erwartungen Mazarins und Ludwigs XIV. zu genügen, der sich zu einem kundigen, darum aber nicht minder anspruchsvollen Bauherrn entwickeln sollte.[33] An den Projekten für den Ostflügel des Louvre aus den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts ist der neue Standard der Architekturzeichnung bereits deutlich erkennbar. François Mansart beteiligte sich an der Konkurrenz noch mit Federzeichnungen.[34] Alle anderen Architekten - soweit das fragmentarisch erhaltene Material eine solche Feststellung erlaubt - reichten lavierte oder kolorierte Entwürfe ein.[35] Durch die Konkurrenz der Italiener, deren Projekte 1664 in Paris eintrafen,[36] verstärkte sich der Erwartungsdruck auf die Franzosen. Gerade die italienischen Architekten schätzten die Zeichnung als Möglichkeit zur Präsentation ihrer Fähigkeiten sehr hoch ein. Dies galt auch, wenn der Architekt die Chance zum direkten Kontakt mit seinem Auftraggeber erhielt. Bernini lavierte während seines Aufenthalts in Paris die Pläne für den Louvre mit eigener Hand und überließ diese Tätigkeit nicht seinen mitreisenden Gehilfen. Seine Sorgfalt beim Reinzeichnen der Pläne geht aus einem Gespräch mit Chantelou hervor, der ihm mehrere Male beim Lavieren zuschaute: »Il (Bernini) m'a dit par diverses fois qu'il falloit bien de la discrétion à cet ouvrage dans l' épargne des lumieres et des ombres; qu'il ésperait que le Roi trouveroit cela à son gré«.[37]

Was Bernini für seine lavierten Zeichnungen zum Louvre so höflich und vorsichtig ausdrückte, empfahl Daniel Cronström 1705 dem schwedischen Hofarchitekten Nikodemus Tessin, der zur anschaulichen Präsentation seines Louvreprojekts sogar ein Modell anfertigen ließ, mit unverblümter Deutlichkeit: »Comme il fault plaire aux femme de la cour et à tout le peuple ignorant des courtisans, je crois que pour les mieux charmer il faudroit laver le tout [das Modell] d'une teinte couleur de pierre et dorer certains ornements comme basreliefs, ballustrades, etc.«[38]

Schatten und Farbe im orthogonalen Riß, perspektivische Ansichten und Modelle waren aber nicht allein für die Präsentation des Projekts vor einem fachunkundigen Publikum wichtig, sondern konnten den Architekten selbst die Gelegenheit bieten, ihr Projekt besser zu beurteilen. Nach Perraults Vitruvkommentar von 1684 diente die »Scenographie« dazu, den »effet de l'execution parfaite de tout l'Edifice« wiederzugeben.[39] Das Modell sei allerdings noch anschaulicher. 40 Jahre später wertete Courtonne die Zeichnung auf: Modelle seien immer kleiner als die projektieren Gebäude, die korrekte perspektivische Zeichnung dagegen nehme einen bestimmten Betrachterstandpunkt an und könne daher den Bau und seine Teile darstellen, »qu'on ne sçauroit guère juger de leur effet par une simple élevation geometrale«.[40] Die Aufgabe der Schatten beschreibt Buchotte 1722: Sie heben die Teile voneinander ab, »afin de representer les objets qu'ils nous paroissent d'après nature; ce qui est un effet optique«.[41] Der optische Effekt in der Darstellung der Projekte und die am Bau angestrebte Wirkung korrespondieren in diesen Aussagen. Zentralperspektive und Schatten dienen dem Architekten dazu, sich im Medium der Zeichnung einen Bau von einem angenommenen Betrachterstandpunkt zu vergegenwärtigen oder die Gliederung der Fassade mit ihrer Verteilung von Licht und Schatten zu studieren. Zeichnungen konnten also eine wichtige Funktion in der Planung von Gebäuden übernehmen, die, wie die Diskussionen um die Kolossalordnung und ihre Anwendung am Louvre belegen, auf ihren »effet« hin konzipiert wurden.[42] Schattierte Risse waren daher nur um eine annähernde, nicht eine exakt ablesbare Wiedergabe des Fassadenreliefs bemüht. Buchotte z. B. beschränkt sich in seinem Lehrbuch auf ganz allgemein gehaltene Ratschläge für die Anlage der Schatten, da eine »Theorie« ein ganzes Buch nötig mache.[43] Jacques-François Blondel wird in seinem »Cours d'architecture« 1771 eine wissenschaftlich begründete Lehre der Schatten fordern, diesen Anspruch aber selbst weder im Text des Cours noch in den mitgelieferten Rissen einlösen. Die Schattierung ist für ihn nicht mehr bloßer Zusatz zum korrekt aufgenommenen Riß, sondern wird zur »manière de dessiner l'architecture avec intelligence. Pour cela il faut descendre dans tous les détails de la theorie des ombres; les desseins d' Architecture étant pour I' Architecte une espèce de modèle, qui lui fait juger si l'idée qu'il en a conçue lui offre celle qu'il en avoit droit d'espérer. En effet cette théorie lui apprendra à concevoir ce qu'il est necessaire d'ajouter ou de retrancher dans les différentes parties de son projet, pour parvenir à un plus grand succès«.[44]

Die Abkehr von der Federzeichnung, die um 1700 nur der in diesem Punkt altmodische Bullet beibehielt, erfolgte also in Reaktion auf die Anspruche der Bauherrn und die Anforderungen, die die Architekten an die Zeichnung im Planungsprozeß richteten. Diese Entwicklung der Zeichentechnik sollte für das Berufsbild der Architekten Folgen haben. Denn als die Tätigkeit der Bâtiments du Roi im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts bisher nie erreichte Ausmaße annahm, war das hohe Niveau der Bauzeichnung nur noch durch Arbeitsteilung zu retten. Schon Louis Le Vau hatte für die Anfertigung der Reinzeichnungen untergeordnete Architekten, vor allem François d'Orbay, der ihm im Amt des Premier Architecte nachfolgen sollte, herangezogen.[45] Der größte Systematiker an der Spitze der Bâtiments wurde 1699 Jules Hardouin-Mansart.[46] Während seiner Amtszeit etablierte sich endgültig der Beruf des Dessinateurs, des Zeichners, der im Gegensatz zu den Architekten die Praxis des Bauens nicht kennen gelernt hatte, sondern aus anderen Sparten des Kunstbetriebs kam. Pierre Lepautre z. B., der die Entwürfe für St. Germain-des-Prés zeichnete, war als Kupferstecher tätig gewesen, bevor Hardouin-Mansart ihn in die Bâtiments holte.

Die Dessinateurs hätten Le Bruns Gleichsetzung von Zeichnung und Architektur sicher zugestimmt. In der schönen Zeichnung lag für sie die eigentliche Leistung des Architekten, aus der sie sich das Recht nahmen, sich selbst als »Architecte ordinaire du Roi« zu betiteln.[47] Von den Architekten aber wurden sie in ihre Schranken verwiesen und daher offiziell immer nur »Dessinateur« genannt. Die Konkurrenzsituation, in der sich Philibert de l'Orme im 16. Jahrhundert zu den Malern befunden hatte, kehrte jetzt wieder, da sich die Dessinateurs mit ihrer minimalen praktischen Erfahrung als Baumeister versuchten und damit den Architekten nicht nur Aufträge entzogen, sondern durch häufige Fehlschläge dem Prestige des Berufs schadeten. Explizit sagt es 1725 Courtonne: »ll ne suffit pas d'avoir exercé la fonction de Dessinateur pendant quelques années pour en [de l'architecte] mériter le Titre, comme cela n'est que trop ordinaire. Car bien loin d'avoir acquis la plus grande partie des Sciences qui sont absolument nécessaire, on prend cette qualité sans avoir même la Pratique ny cette experience consommé dans les Bâtimens, et qui ne s'apprend point dans le Cabinet, mais par des travaux pénibles et non interrompus«.[48]

An der Architekturzeichnung schieden sich die Parteien. Die Sicht des Publikums und die Sicht der Architekten begannen wieder zu differieren. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts häufen sich die Kommentare, die den berühmten Architekten des 17. Jahrhunderts die Qualifikation für ihren Beruf absprechen, weil sie nicht hätten zeichnen können. Aus dem Fehlen eigenhändiger, repräsentativer Risse wird der Schluß gezogen, alle entwerferische Arbeit, besonders im Bereich der Innendekoration, sei nicht von den Architekten selbst, sondern von den von ihnen unterdrückten Dessinateurs vollbracht worden.[49]

Die Bedeutung der »ornements qui enrichissent les Bâtiments« als architektonische Aufgabe hatte Le Brun 1672 zum Anlaß genommen, Maler und Bildhauer als universale Künstler zu Übergriffen auf das Arbeitsgebiet der Architekten zu verleiten.[50] Die veränderte Situation im Bauwesen des frühen 18. Jahrhunderts gab ihm im Nachhinein recht: Das im Verhältnis zur Zeit um 1670 deutlich geringere Bauvolumen[51] und die daraus resultierende Konzentration der Tätigkeit auf profane wie sakrale Innenausbauten, die detaillierte Vorlagen für die ausführenden Handwerker nötig machten, konnten nun die Entstehung neuer Darstellungsweisen für die Entwürfe fördern.[52] Die Architekten selbst hatten diese Entwicklung zur aufwendigen, farbigen und sorgfältig lavierten Zeichnung jedoch längst in Gang gesetzt, als sie auf die An sprüche und den architektonischen Unverstand ihrer Auftraggeber reagierten.

Der dritte Teilnehmer an der Konkurrenz um den Auftrag für St. Germain-des-Prés, Gilles-Marie Oppenord, vereinigte die Tätigkeiten eines Architekten und Dessinateurs in einer Person. An seinen Zeichnungen läßt sich prüfen, welche Möglichkeiten die liberale Haltung der Zeitgenossen in Fragen der Darstellungsmethode und -technik von Bauprojekten bot, wenn sich die Tendenz zum anschaulichen, präsentablen Riß mit der gezielten Förderung der zeichnerischen Fähigkeiten eines Baumeisters verband. Oppenords Ausbildung zum zeichnenden Architekten, die an der französischen Akademie in Rom erfolgte, ist durch die Korrespondenz des Direktors La Teulière mit dem Surintendanten in Paris, de Villacerf, in allen Einzelheiten überliefert. Wie kaum ein anderes Dokument verdeutlicht diese Korrespondenz die Erwartungen, die der Leiter der königlichen Baubehörde, selbst kein Architekt, sondern den Dilettanten zuzurechnen, gegen Ende des 17. Jahrhunderts an die Zeichenkünste seines Personals richtete.

Oppenord kam 1692 als Protégé Villacerfs nach Rom, ohne zuvor eine herkömmliche, praktische Ausbildung zum Architekten erfahren zu haben.[53] Das akademische Unterrichtsprogramm für einen angehenden Architekten war ungewöhnlich, denn bisher waren vorwiegend Maler und Bildhauer und nur wenige Architekten zur Ausbildung an die Akademie in Rom gekommen.[54] Die Maßnahme des Surintendanten erklärt sich vielleicht aus dem gestiegenen Bedarf an vielseitig verwendbaren Kräften und fähigen Zeichnern innerhalb der Bâtiments du Roi. Es bestand indes kein Zweifel, daß Oppenord als Architekt, nicht nur als Zeichner, eingesetzt werden sollte. Zu seiner Erziehung zum umfassend gebildeten Baumeister gehörte außer Übungen in der Orthographie und im Schönschreiben[55] vor allem das Zeichnen. Villacerf ließ Oppenord dieselbe Ausbildung zuteil werden wie den Malern und Bildhauern. Oppenord wurde deshalb zum Zeichnen nach dem Modell zugelassen[56] und immer wieder dazu gedrängt, über dem Aufnehmen antiker und moderner Bauten das Studium der menschlichen Figur nicht zu vernachlässigen. 1695 z. B. schrieb Villacerf an La Teuliere: »Je vous prie d'avoir soin que le St. Oppenord dessine bien la figure et qu'il s'y aplique serieusement, parce que, quand il songe a etre Architecte cela lui sera fort avantageux; il ne faut pas qu'il se contente de la croquer sur ses plans ni de la dessiner en petit, comme font la plupart des dessinateurs«.[57] Eine Nebenaufgabe der sorgfältig ausgeführten, nicht im Stadium der Federskizze belassenen Architekturaufnahmen Oppenords benennt ein Brief La Teulieres an den Surintendanten von 1696: »[Oppenord] dessine les plans et les elevations des plus beaux edifices modernes qui soient a Rome, des Eglises surtout, ce qui certainement vous donnera du pIaisir a voir, et je ne doute pas meme que le Roy, qui a le discernement si bon en toutes choses, ne peut se divertir quelques momens a voir tous ses desseins, car le Sr Openhort a soing de les laver et de les bien esclairer pour donner a toutes les parties le relief qu'elles ont et la couleur, avec tous les ornemens dessines de bon goust«.[58] Villacerf hatte sich den Nutzen, den die Bâtiments aus Oppenords siebenjähriger Lehrzeit in Italien, seinen Skizzenbüchern und zahlreichen Einzelstudien ziehen sollten, gewiß anders vorgestellt als nur als »divertissement« für Ludwig XIV. Indes kam es wohl nicht einmal dazu. Denn als Oppenord im Sommer 1699 in Paris eintraf, war Villacerf von seinem Amt zurückgetreten, und sein Nachfolger Hardouin-Mansart hatte einen anderen Zeichner, Pierre Lepautre, in seine Dienste genommen.[59]

Oppenord mußte sich nun auf dem freien Markt nach Aufträgen umsehen. Der inoffizielle Wettbewerb, den Prior de Loo für den Hochaltar von St. Germain-des-Pres veranstaltete, war für Oppenord daher eine willkommene Gelegenheit, die eigenen Fähigkeiten publik zu machen und sich als Zeichner und Architekt zu bewähren. Vielleicht erklärt diese Situation, warum Oppenord mindestens vier verschiedene Projekte zeichnete, mehr als von seinen Konkurrenten Bullet und Hardouin-Mansart/Lepautre bekannt sind, und warum er diese Projekte in beiden gängigen Zeichentechniken, der lavierten und kolorierten bzw. der reinen Federzeichnung vorlegte. Zugleich bestätigt diese Vervielfachung der Entwürfe das Zeugnis, das La Teuliere Oppenord 1699 zum Abschluß seines Aufenthalts in Rom ausgestellt hatte: »Il a beau coup de genie, accompagne d'une fecondite d'imagination et d'une vivacite qui ne sont pas ordinaires, l'un et l'autre seconde par une facilite et habilette de main surprenante«.[60]

Oppenords Entwürfe sind nicht datiert. Da sie untereinander durch gemeinsame Motive verbunden sind, müssen sie alle kurz vor der Vergabe des Auftrags an die ausführenden Handwerker und Bildhauer im Juni 1703[61] entstanden sein. Nur zwei Entwürfe sind in Zeichnungen überliefert, die beiden anderen wurden nach Zeichnungen aus Oppenords Nachlaß von Gabriel Huquier im Stich publiziert.[62]

* Katharina Krause; Zu Zeichnungen französischer Architekten um 1700, Zeitschrift für Kunstgeschichte 53, 1990, S. 66-72.

Zu Zeichnungen französischer Architekten um 1700 (Teil 3)

Zu Zeichnungen französischer Architekten um 1700 (Teil 4)


[25] Vitruvii de architectura libri decem I, 2 (Ausgabe Darmstadt 1964, 36ff.).
[26] Leon Battista Alberti: L' Architettura (De re aedificatoria), hg. v. g. Orlandi, Mailand 1966, Buch II, 1, 99; vgl. Wolfgang Lotz: Das Raumbild in der italienischen Architekturzeichnung, Mitteilungen des kunsthistorischen Instituts in Florenz 1956, 213-226.
[27] [Claude Perrault]: Les dix livres d'architecture de Vitruve corrigez et traduits nouvellement en Francois avec des Notes et des Figures, Paris, 1684, 10, note 7. Perrault weist in dieser Fußnote den Kommentar Daniele Barbaros zurück, der Scenographie nach philologischen Korrekturen als Sciographie aufgelöst hatte. Barbaro kam aufgrund des lateinischen Wortlauts - scaeno/sciographie est ... adumbratio - zu dem Schluß, bei dieser Art Zeichnung müsse es sich um einen lavierten (schattierten) Schnitt handeln. Damit schied er, wie Alberti, die perspektivische Ansicht aus dem Kanon der Architekturzeichnungen aus (D. Barbaro: M. Vitruvii Pollionis de Architectura libri decem cum commentariis, Venedig 1567, 18f.).
[28] Philibert de L'Orme: Le premier tome d'architecture (1562), Rouen 1648, 21f. (Kap. 10).
[29] Vgl. J. M. Savignat: Dessin et architecture du moyen age au XVIIe siecle, Paris 1983, 136 ff.
[30] Heinrich Geymüller: Les Du Cerceau, leur vie et leur ceuvre. D' apres de nouvelles recherches, Paris 1887, 105ff. Eine Liste der Sammelbände mit Zeichnungen Du Cerceaus enthält Rosalys Coope: Salomon de Brosse and the Development of the Classical Style in French Architeeture from 1565 to 1630, London 1977, 193f.; vgl. außerdem ein Album in Privatbesitz (Arnold Nesselrath: I libri di disegni di antichita. Tentativo di una tipologia, in: Memoria dell'antico nell'arte italiana, Turin 1986, Bd. 3, 140).
[31] Allan Braham / Peter Smith: Francois Mansart, London 1973, Bd. 1, 192f., Bd. 2, Abb. 65.
[32] Zu Mansarts Zeichnungen vgl. die Episode in Charles Perrault: Les Hommes illustres, qui ont paru en France pendant ce siecle, Paris 1696-1700, Bd. 1, 161f.
[33] Abbildungen der Entwürfe in: La Chapelle du College des Quatre Nations (1662-1967), Monuments historiques 9, 1963.
[34] Braham / Smith 1973 (wie Anm. 31), Bd. 1, 122ff., Bd. 2, Abb. 470-539.
[35] Louis Hautecceur: L'Histoire des Chateaux du Louvre et des Tuileries, Paris 1927, 143ff., JeanClaude Daufresne: Louvre et Tuileries, Architectures de papier, Brüssel 1987, 57ff., mit weiterer Literatur.
[36] Die vollständigste Übersicht über die »italienischen« Projekte enthält: Karl Noehles: Die Louvre-Projekte von Pietro da Cortona und Carlo Rainaldi, Zeitschrift für Kunstgeschichte 24, 1961, 40-74.
[37] Chantelou 1981 (wie Anm. 24), 56 (10. 7. 1665); ähnlich 47 (1. 7. 1665).
[38] Les Relations artistiques entre la France et la Suede 1693-1718. Nicodeme Tessin le jeune et Daniel Conström. Correspondance, Stockholm 1964, 341 (19. 6. 1705).
[39] Perrault 1684 (wie Anm. 27), 10, note 7.
[40] Courtonne 1725 (wie Anm. 22), 89.
[41] Buchotte 1722 (wie Anm. 20), Hf.
[42] Vgl. z. B. den Advis de M. le Vau le jeune [= Francois Le Vau] sur le nouveau dessin du Louvre, in: Albert Laprade: Francois d'Orbay. Architecte de Louis XIV, Paris 1960, 342ff. (Nr. 6/7).
[43] Buchotte 1722 (wie Anm. 20), 41ff.
[44] Blonde! 1771 (wie Anm. 6), Bd. 3, XXXIII. Die geometrisch korrekte Angabe der Schatten unter einem einheitlichen Winke! von 45° wurde erst im 19. Jahrhundert verbindlich. Savignat 1983 (wie Anm. 29), 156; anders Dagobert Frey, s.v. Architekturzeichnung, Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. I, 1937, Sp. 1009ff.
[45] Laprade 1960 (wie Anm. 42), 117ff.
[46] Kimball 1943 (wie Anm. n), 60ff.
[47] Pierre Lepautre ließ z. B. folgende Annonce verbreiten: »Le Pautre. Architecte et Graveur ordinaire du Roi, Montre a Dessigner l'Architecture, la Figure, l'Ornement, le Paisage etc .... «(BN, Est, Ed. 43).
[48] Courtonne 1725 (wie Anm. 22), 107.
[49] Pierre Mariette: Abecedario ... et autres notes inedites ... hg. v. Ph. de Chennevieres / A. de Montaiglon, Paris 1851- 1860, Bd. 2,276, zu Jacques Gabriel: » ... etoit expert dans la conduite du bätiment, mais il n'auroit pas pu dessiner le moindre bout d'ornement. Est-ce la etre architecte?« Louis de Rouvroy, duc de Saint-Simon. Memoires, hg. v. A. de Boislisie, Paris 1879-1928, Bd. 16, 37ff., zu Jules Hardouin-Mansart und Robert de Cotte: »Il etoit ignorant dans son metier, de Coste son beau frere, qu'il fit premier architecte, n' en savoit pas plus que lui. Ils tiroient leurs plans, leurs desseins, leurs lumieres, d'un dessinateur des bätiments nomme I'Assurance qu'ils tenoient tant qu'ils pouvoient sous def ... « Das Gegenteil schreibt ein unbekannter Schüler Hardouin-Mansarts: »Il ne s'est pas seulement contente de donner des desseins pour les bastimens et distributions des dedans mais encore pour tous les ornemens en general qui en dependent et jusques au moindres profils ... « (zitiert nach Braham / Smith 1973 (wie Anm. 31) Bd. I, 163) Kimball 1943 (wie Anm. n) und in einer sehr undifferenzierten Weise auch Laprade 1960 (wie Anm. 42) setzen also eine Tradition des 18. Jahrhunderts fort, wenn sie den Premiers Architectes der Batiments du Roi jede zeichnerische Entwurfstätigkeit abschreiben.
[50] Wie Anm. I.
[51] Einen Maßstab geben die jährlichen Gesamtausgaben der Batiments du Roi: Etat abrege des recettes et depenses (1662-1770) (An, KK 355), z. T. publiziert in J. J. Guiffrey: Comptes des Batiments du Roi, Paris 1881, Bd. I, XVff. Die Verhältnisse innerhalb der Batiments lassen sich indes nur mit Einschränkungen auf den Privatsektor übertragen.
[52] Vgl. Quatremere de Quincy 1801 (wie Anm.6), 209; Guillerme 1982 (wie Anm. 7), 40f.
[53] Antoine-Nicolas Dezallier d'Argenville: Vies des fameux architects depuis la Renaissance des Arts, Paris 1787, 434; Huard 1928 (wie Anm. 12), 311ff.
[54] Bis zur Einführung des Rompreises für Architektur (1720) waren nur sechs Architekten an der Akademie in Rom gewesen: Daviler und Desgodets (1676177), Bruand (1683), Oppenord und Cartaud (1692) und Antonie (1699); vgl. Proces-verbaux de I' Academie royale d'architecture 1671-1793, Paris 19I1ff., Bd. 4, XVI; F. Celardl A. Thiry / E. Perouse de Montclos: Les Prix de Rome, Paris 1984.
[55] Correspondance des directeurs de I' Academie de France a Rome avec les surintendants des Batiments, Paris 1887ff., hg. v. A. de Montaiglon / J.J. Guiffrey, Bd. 2, 170 (6.11.1695), Villacerf an La Teuliere: »Je voudrois savoir aussi s'il ecrit bien et s'il scait bien I'orthographe parce qu'ordinairement les gens de son merier ecrivem mal.« Letzteres bezieht sich vielleicht auf den Premier Architecte Hardouin-Mansart, über den Cronström 1699 schreibt: »Son education a este si mauvaise qu'il ne scait pas I'orthographe du franocois et fort malles caracteres.« Relations artistiques 1964 (wie Anm. 38) 214.
[56] Correspondance 1887 (wie Anm. 55), Bd. 1,335, Bd. 2, 190.
[57] Correspondance 1887 (wie Anm. 55), Bd. 2, 153, vgl. auch 62,90, 109.
[58] Correspondance 1887 (wie Anm. 55), Bd. 2, 240f.
[59] Kimball 1943 (wie Anm. 11), 60ff.
[60] Correspondance 1887 (wie Anm. 55), Bd. 2, 453.
[61] B, Ms. fr. 18819, f.164 (regisrre des Assemblees des ... Prieur er Senieurs ... ).
[62] BN, Est. Va 269b, fonds de Cotte Nr. 1885/86 recto; Gabriel Huquier: Oeuvres de Gilles Marie Oppenord (= Grand Oppenoird), Taf. LXXVIII, LXXIX; zur Geschichte von Oppenords Zeichnungen vgl. Yves Bruand: Un grand collectionneur, marchand et graveur du XVIIIe siecle, Gabriel Huquier (1695-1772), Gazette des Beaux Arts VI, 37, 1950, 99-114.